Was eine Dieselnachrüstung für den Stickoxid-Ausstoß bringt

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Der ADAC Württemberg hat mit Unterstützung des baden-württembergischen Verkehrsministeriums erhoben, dass Hardware-Nachrüstungen an gebrauchten Dieselfahrzeugen höchst sinnvoll sind.

Laut neuester Messungen des deutschen Verkehrclubs kann der nachträgliche Einbau von Abgas-Reinigungsanlagen mit SCR-Technologie den Ausstoß von Stickoxiden bei Dieselfahrzeugen der Schadstoffklasse Euro 5 im Stadtverkehr selbst unter ungünstigen Fahrbedingungen um rund die Hälfte senken. Das ist das Kernergebnis einer Testreihe, die der ADAC Württemberg mit Förderung des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg von September 2017 bis Februar 2018 durchgeführt hat.

Unausweichliche“ Alternative zu Fahrverboten

Der ADAC erachtet eine Hardware-Nachrüstung nun als einzig sinnvolle Lösung, um Diesel-Fahrverbote zu umgehen. Die Anwendung von Software reiche alleine nicht aus. Die Kosten für die hochpreisige Nachrüstung dürften jedoch keinesfalls von den Verbrauchern getragen werden. „Der Verbraucher kann erwarten, dass die Industrie die Verantwortung für die Produkte übernimmt, die sie bis vor kurzem unter dem Siegel der Umweltverträglichkeit verkauft hat“, betont Dieter Roßkopf, Vorstandsvorsitzender des ADAC Württemberg.

Ähnlich sieht es Winfried Hermann, Verkehrsminister des Landes Baden-Württemberg, der nach diesen Testergebnissen vor allem die Autohersteller in der Pflicht sieht. „Sie haben immer gesagt: Geht nicht, funktioniert nicht, ist zu teuer. Jetzt ist bewiesen: Es geht, es funktioniert, es hat den doppelten Effekt wie eine Software-Nachrüstung. Jetzt müssen die Hersteller endlich ran, denn sie haben schließlich die Verantwortung für die Schlechtleistung bei Euro 5-Fahrzeugen und für die schlechte Luft in den Städten“, so Hermann.

Ausführliche Tests mit Nutzfahrzeugen

Neben Pkw wurden auch Transportfahrzeuge auf ihren Schadstoffausstoß getestet – darunter ein „VW T5 Multivan 2.0 TDI“ sowie ein „Fiat Ducato 130“ und „Multijet 2,3 D“. Die Kilometerlaufleistung der ein bis fünf Jahre alten Fahrzeuge lag bei Testantritt zwischen 20.000 und 95.000 Kilometern. „Die Transporter wurden ausgewählt, um auch den typischen innerstädtischen Liefer- und Handwerkerverkehr abzubilden“, erklärt Thomas Kassner, Vorstand Technik und Umwelt beim ADAC Württemberg.

Ohne SCR-Technologie keine Weiterfahrt

Im ADAC Technik Zentrum in Landsberg wurden die Emissionstests in realem Fahrbetrieb vorgenommen. Zunächst standen die Emissionen im Serienzustand sowohl im WLTC-Zyklus als auch im Realbetrieb gemäß RDE-Standard auf dem Prüfstand, bevor sie nachgerüstet wurden.

Wenig überraschend: Die Stickoxidemissionen der serienmäßigen Euro 5-Modelle ohne SCR-Umrüstung lagen zum Teil weit über den gesetzlichen Grenzwerten. Anders mit SCR: Sobald die Systeme ihre Betriebstemperatur erreicht hatten, lagen die Reduktionsraten laut ADAC auch im Stadtverkehr bei über 70 Prozent.

„Bei Betrachtung der Gesamtergebnisse wird zwar deutlich, dass die SCR-Nachrüstungen bei niedrigen Temperaturen noch Optimierungspotential haben“, resümiert Reinhard Kolke, Leiter Test und Technik ADAC. „Sie zeigen jedoch sehr klar das Potential dieser Technik.“

Eine kostenintensive Nachrüstung

Nicht nur konnte nachgewiesen werden, dass der Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen durch die SCR-Nachrüstung um ein bis sechs Prozent steigen, auch die Nachrüstung ist keine billige Sache. Die Kosten einer Nachrüstung für den Verbraucher werden von den unterschiedlichen Anbietern mit 1.400 Euro bis 3.300 Euro inklusive Einbau angegeben. „Nach unserer Einschätzung dürften die Kosten allerdings im oberen Drittel der genannten Preisspanne liegen“, so Kolke.

Der deutsche Verkehrsclub sieht deshalb Politik und Hersteller am Zug, denn es würden noch immer gesetzliche Rahmenbedingungen für die Zertifizierung und Überprüfung von SCR-Nachrüstlösungen fehlen. Beim Abgriff von relevanten Fahrzeugdaten, die für die korrekte Funktion des Nachrüstsystems notwendig sind und beim Zugang zu Lieferanten können dagegen die Hersteller aktiv mitwirken, Roßkopf abschließend.

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