MAN kann’s wieder : Test: MAN TGX D38

Die neue Speerspitze für anspruchsvollen Fernverkehr aus dem Hause MAN: Der neue MAN TGX 18.560 mit dem 15 2 Liter großen Reihensechszylinder D38 bereitet auf unserer Teststrecke große Freude

Ein wahres Neuheiten-Feuerwerk erleben wir diesmal beim Österreichtest. Der MAN TGX D38 tritt erstmals mit dem neuen 15-Liter-Motor D38 auf unserer Teststrecke zur Verbrauchsjagd an. Bereits auf der IAA im vergangenen Jahr, als der TGX mit der großen Maschine seine Weltpremiere feierte, war eine gewisse Erleichterung zu spüren. MAN investiert, forscht und entwickelt ja doch weiter. Allerdings mehr oder weniger hinter verschlossenen Türen und bis zu diesem Zeitpunkt kaum medienwirksam. Fast so wie in der guten alten Zeit der IAA, als die großen Premieren auch noch wirklich auf der Messe enthüllt wurden, statt wie es jetzt deutlich öfter gehandhabt wird, weit im Vorhinein. Damit aber genug der Einführung. Jetzt geht’s hinein in unser Testfahrzeug.

Stärkster MAN

Unser Testwagen ist mit 412 kW/560 PS und 2.700 Newtonmetern Drehmoment der stärkste Lkw, den MAN im normalen Fernverkehr aktuell anbietet. Es gibt noch eine 520 PS-Variante des D38 mit 2.500 Nm sowie den MAN Supertruck mit 3.000 Nm und 640 PS, wobei dieser ausschließlich in den Schwerlastzugmaschinen zum Einsatz kommt.

Ein wesentlicher Unterschied zu den meisten Mitbewerbern liegt in der Leistungsfähigkeit des Antriebsstrangs. Bereits ab 930 Umdrehungen steht das volle Drehmoment zur Verfügung. Außerdem ist bei allen Motorisierungen das volle Drehmoment in allen Gängen verfügbar, nicht nur in den oberen drei. Das grüne Drehzahlband reicht übrigens von niedrigen 900 Umdrehungen bis hinauf zu 1.800 Umdrehungen. Insgesamt ist der große Motor extrem leise. Selbst wenn man wie wir zu Demonstrationszwecken das untere Bett während der Fahrt aufgeklappt lässt.

Erstaunlich ist auch, dass der Motor trotz der enormen Temperaturen, keinerlei Schwierigkeiten zeigte: Am Testtag hatten wir bereits um 9.30 Uhr erstmals 30 Grad, mittags in den Bergen 32 und am Ende in Steinhäusl 37 Grad – dies hatte jedoch kaum Auswirkungen auf den Motor. Der Lüfter hat sich unwesentlich öfter eingeschaltet. Abgesehen vom Motor ist das Getriebe das zweite große Highlight.

12-gängiges Menü

Der TGX D38 wird in allen Modellvarianten mit der MAN TipMatic 2 kombiniert. Sie bietet im Wesentlichen drei neue Getriebefunktionen, die alle dazu beitragen, dass der TGX bei hoher Leistung besonders effizient ist. Kaum merkbar, weil unglaublich schnell ist die neue Speed Shifting Funktion der TipMatic 2, die schnellere Schaltvorgänge in den drei höchsten Gängen ermöglicht, um die Zugkraftunterbrechung so kurz wie möglich zu halten und so viel Schwung in Steigungen mitzunehmen.

Die für MAN ebenfalls neue Getriebefunktion EfficientRoll ist für leicht abfallende Autobahn- und Landstraßenpassagen konzipiert. Auch auf nahezu ebenen Roll-Etappen lässt sich noch mehr Kraftstoff sparen, wenn das Fahrzeug selbstständig auf leicht abfallende Teilstücke der Strecke reagiert. Die neue MAN TipMatic 2 schaltet dann automatisch in Neutralstellung und lässt das Fahrzeug rollen, ohne dass die Motorbremswirkung Geschwindigkeit kostet. Beschleunigt der Lkw im Rollen über die vorgegebene oder erlaubte Geschwindigkeit, kuppelt die MAN TipMatic 2 automatisch den Gang wieder ein. Ebenso wird automatisch eingekuppelt, sobald der Fahrer bremst, Gas gibt oder der Tempomat das Fahrzeug beschleunigt, um die Geschwindigkeit zu halten.

Die dritte Neuheit ist das Idle Speed Driving. Das hohe Drehmoment des 15,2-Liter-Motors bei niedrigsten Drehzahlen wird genutzt und macht langsames Rollen komfortabler und Kraftstoff sparender. Dies ist besonders praktisch im Stop-and-Go-Verkehr oder beim Heranrollen an einen Kreisverkehr. In solchen Fahrsituationen rollt das Fahrzeug mit der Leerlaufdrehzahl von rund 600 U/min und geschlossener Kupplung weiter, solange der Fahrer nicht bremst.

Die große Überraschung

Wir wissen natürlich bereits seit der IAA vor rund einem Jahr, dass auch MAN endlich einen GPS-gesteuerten Tempomaten im Programm hat. Die Leistungsfähigkeit und Feinabstimmung des sogenannten EfficientCruise Tempomaten, der den vorausliegenden Straßenverlauf mit bevorstehenden Steigungen und Gefällen erfasst und verbrauchsoptimierende Geschwindigkeitsanpassungen vornimmt, überrascht dennoch gewaltig.

Die Geschwindigkeiten der vier Ecolevels sind fix vorgegeben und der TGX versteht es die eingestellte Bandbreite auch perfekt zu nützen. Wir fahren mit maximaler Effizienz in Ecolevel 4. Das heißt, der MAN darf -9 km/h unter die gesetzte Geschwindigkeit pendeln und nach oben um bergab Schwung zu holen bis an die 90 km/h heranrollen. Die 9 km/h erlauben extrem lange Rollphasen über Kuppen, die der TGX auch perfekt nützt. Hier hat sich die lange Wartezeit wirklich gelohnt. Selbst die beiden Führenden unserer ewigen Bestenliste können mit dieser Perfektion, die MAN erreicht hat, nicht mithalten. In Steigungen unterdrückt EfficientCruise Rückschaltungen der MAN TipMatic 2, wenn absehbar ist, dass im anliegenden Gang die Kuppe erreicht werden kann. Im Rahmen der vom Fahrer gewählten Wunschgeschwindigkeit sowie der Geschwindigkeitstoleranz errechnet EfficientCruise die geeignete Geschwindigkeit zur verbrauchsoptimierten Bergauf- und Bergabfahrt und passt die gefahrene Geschwindigkeit entsprechend an.

Der wesentliche Vorteil von EfficientCruise liegt aber definitiv darin, dass das System nicht müde wird und den Fahrer unermüdlich auf langen Strecken unterstützt, indem er die anspruchsvolle Aufgabe, immer äußerst vorausschauend zu fahren, auch auf stundenlangen Etappen übernimmt. Das GPS sieht ungefähr drei Kilometer in die Zukunft und speichert die Strecke. Somit kann es lediglich bei langen Tunnelketten zum Beispiel am Semmering zu manuellen Eingriffen zur Verbrauchsreduzierung kommen.

Perfekter Partner

Aber nicht nur der Antriebsstrang des MAN TGX kann überzeugen. Auch das mittlerweile in den besten Jahren befindliche Fahrerhaus kann nach wie vor mit zeitlosem Design überzeugen. Hier wirkt alles sehr aufgeräumt und durch das geradlinige Design sehr modern. Jedenfalls alles andere als alt. Ein kleines, aber im Alltag wirklich wichtiges Detail ist die perfekte Abdeckung der Armaturen, die nicht einmal bei Sonnenlichteinfall von schräg hinten anfällig für Spiegelungen ist. Ebenfalls neu ist der Regen- und Lichtsensor. Und natürlich der EBA 2, der jetzt auch Bremsungen bis zum Stillstand macht. Hierzu gibt es auf YouTube ein Video von MAN. Verbessert haben die Bayern auch noch das Lane Guard System LGS2, das jetzt die Linien noch besser erkennt. Ebenfalls neu sind auch die LED-Rückleuchten.]

Nicht neu, aber absolut erwähnenswert sind die ausgezeichneten MAN Sitze, die hier in unserem topausgestatteten Testfahrzeug auch klimatisiert sind. Ein sensationelles Feature für einen Sommer wie diesen. Apropos Ausstattung. Unsere Drucklufthörner sind natürlich wieder mal sehr fesch anzuschauen, aber sie stemmen sich dermaßen gegen den Wind, dass der Verbrauch um rund 0,5 Liter pro 100 km höher ist. Dazu kommt auch noch die Sonnenblende, die auch nicht unbedingt aerodynamisch ist.

Fazit

Zwar spät, aber dafür richtig gut, kommt MAN also jetzt auch mit einem GPS-Tempomaten. Der Verbrauch ist mit knapp über 26 Litern für diese Leistung sensationell. Insgesamt kann der MAN mit seinem neuen Motor und den kleinen, aber feinen Verbesserungen im Detail nach wie vor überzeugen und wird wohl noch für lange Zeit an der Spitze der heimischen Zulassungsstatistik vorausfahren.

MAN TGX 18.560 4x2 BLS - Technische Daten

Kabine: XXL Motor: MAN D38, Reihensechszylinder, Euro 6, CommonRail, AGR, SCR, 15.256 cm³, 412 kW/560 PS bei 1.800 U/min, 2.700 Nm ab 930 U/min; Motorbremse EVB mit 340 kW bei 2.400 U/min Getriebe: MAN TipMatic TX Profi 12 TX 2821 DD mit Intarder, 12+2 Gänge, Übersetzung 16,69 – 1 Achsübersetzung: i = 2,53 Reifen: 315/70 R 22,5 Bremsen: Scheibenbremsen rundum mit EBS und ESP, elektronische Parkbremse Gewicht: 8.150 kg

Verbrauchswerte und Durchschnittsgeschwindigkeit

Etappenlänge in km; Verbrauch in l/100 km; Geschwindigkeit in km/h

Etappe 1: Raststation Steinhäusl – Knoten Vösendorf 42 km 31,50 88,76

Etappe 2: Knoten Vösendorf – Knoten Seebenstein 53 km 27,04 85,17

Etappe 3: Knoten Seebenstein – Knoten St. Michael 104 km 32,63 80,20

Etappe 4: Knoten St. Michael – Knoten Voralpenkreuz 133 km 22,66 83,36

Etappe 5: Knoten Voralpenkreuz – Raststation Steinhäusl 165 km 22,71 83,39

Gesamte Strecke: 497 km; 26,27 Liter/100 km; 83,15 km/h

Bergwertung: Knoten Seebenstein – Abfahrt Semmering 24 km 66,29 78,69

Geschwindigkeitsmesspunkt Abfahrt Semmering: 4 km/h bei 1.220 U/min im 10.Gang.

AdBlue: Hinzu kommt ein AdBlue Verbrauch von 0,76 l/100 km

Wetter: gute Testbedingungen; extrem heiß; kaum Wind

Temperatur: Start, 8.30 Uhr: 24° C, 9.30 Uhr: 30° C, Mittag: 32° C, Ende: 37° C

Verkehr: lediglich zwei kurze Behinderungen in Baustellen auf der S6, einmal auf der A9, sonst flüssiger Verkehr