Max Schachinger im Interview : Schachinger glaubt an die E-Mobilität

© Mag. (FH) Stefan Rumersdorfer

TRAKTUELL: Können Sie kurz das Geschäftsfeld beschreiben, in dem Sie tätig sind?

Max Schachinger: Schachinger Logistik ist ein Branchenlogistiker, der auch für Nachhaltigkeit bekannt wurde. Wir sind in sechs Branchen, dabei meist Marktführer in Österreich. Dafür haben wir einen hohen Anteil an spezialisiertem Fuhrpark, den wir mit engen Partnern, in Beteiligungen oder selbst betreiben. Das Verhältnis: Wir beauftragen 50 eigene Lkw, 150 Lkw in Beteiligungen und 500 mit engen Partnern oder am Spot-Markt. Je spezialisierter der Fuhrpark, desto stärker die Partnerschaft und der Eigenanteil, besonders bei temperaturgeführten Transporten im Bereich Pharma und Lebensmittel. Bei der Baulogistik ist der eigene Fuhrpark ganz wichtig: Hier haben wir etwa 20 KranLkw, die österreichweit einsetzbar sind. Wir wollen auch den ersten elektrischen Kran-Lkw Europas haben – den hoffentlich MAN für uns realisieren wird und den sich auch unsere Kunden sehr wünschen. Gerade in der Stadt macht es einen großen Unterschied, insbesondere bei Großbaustellen: Zieht der Lkw am Weg und vor Ort eine Spur an Emissionen hinter sich her oder ist da leise ein modernes elektrisches Kranfahrzeug inmitten all der Arbeiter und Anwohner im Einsatz.

Wo sehen Sie das größte Potenzial für den neuen Elektro-Lkw von MAN, den eTruck, der in Steyr produziert werden soll?

Für unsere Branchen in der Stadtzustellung für die Distribution von Pharmaka, Hightech und Lebensmittel und im Baubereich macht der eTruck am meisten Sinn. Das sind die drei Haupteinsatzfelder. Beim Paketdienst (Anm.: Schachinger ist einer der drei Gesellschafter von DPD) setzen wir schon auf E-Mobilität: Seit zwei Jahren haben wir 3,5 t E-Vans und jetzt kommen, da haben wir auch gepusht dafür, 4,25 t B-Führerschein-Fahrzeuge mit neuester Technologie von Kreisel Electric zum Einsatz. Also, bei den Lieferwagen läuft es schon an und jetzt, da MAN den Ball aufnimmt, sich richtig einlässt auf die E-Mobilität und eine neue Ära beginnt, wird das auch einen ziemlichen Impact haben auf das Spektrum der Fahrzeuge zwischen 18 und 40 Tonnen.

Was würden Sie sich denn von der Technik her noch an Verbesserungen wünschen?

Den Kran bei Baufahrzeugen bzw. alle Nebenaggregate selber elektrisch betreibbar zu machen, das wäre ein Punkt. Ansonsten wird die Akkutechnologie den größten Unterschied machen und diese Entwicklung ist im Laufen. Da haben wir bereits ein Bild, welche Leistungsverbesserungen es über die nächsten fünf bis zehn Jahre geben wird. Das eine sind die Entwicklungen im Labor, wo wir krasse Leistungssteigerungen sehen werden. Das andere ist aber, was dann zwischen den Hochgebirgen Lateinamerikas und den Niederungen Sibiriens freigegeben werden kann, im Härtetest auf der Straße. Auch die Ladetechnik entwickelt sich in die notwendige Richtung: Einfach, schnell und überall Laden, das sind die Anforderungen. Der Mensch ist einen gewissen Komfort gewohnt und will da sicherlich keine Abstriche machen.

Wie sehen Sie andere Antriebsarten? Setzen Sie auch weitere, alternative Technologien im Fuhrpark ein?

Bei DPD haben wir noch ein paar ErdgasTransporter, aber ich habe von Gas nie viel gehalten. Man ist erst recht wieder abhängig von großen Konzernen und fossilen Treibstoffen und auch der CO2 -Vorteil ist gering. Wasserstoff könnte eine Übergangstechnologie sein, als Range-Extender in E-Fahrzeugen zum Beispiel. Aber der Aufwand Wasserstoff zu produzieren, zu speichern, zu transportieren und anschließend wieder in der Brennstoffzelle in elektrische Energie umzuwandeln, ist sehr hoch. Und dafür ist es auch ein bisschen kompliziert, wenn man das rein elektrisch lösen kann. Die Effizienz der batterieelektrischen E-Mobilität kann man eigentlich nicht mehr überbieten – wozu sich dann mit etwas anderem beschäftigen? Es gibt für beides, Wasserstoff wie Gas, sicher Anwendungen in manchen Gegenden, dort wo die Strominfrastruktur ein Thema ist oder auch zur Speicherung wegen der Energiedichte, wie zum Beispiel im Überlandverkehr, bei Schiffen oder im Flugverkehr. Die Energiedichte wird in den nächsten 15 Jahren beim Akku aber derartig steigen bzw. die Preise pro Kilowattstunde so stark fallen und die Ladeleistungen derart zunehmen, dass die anderen Alternativen verblassen werden. Außerdem produzieren wir dank Photovoltaik unseren Strom einfach und günstig für die E-Fahrzeuge selber auf unseren Hallendächern vor Ort. Was gibt es Besseres als quasi der eigene „Ölscheich“ zu sein.

Und was sagen Sie zu möglichen Infrastrukturmaßnahmen wie etwa der elektrifizierten Autobahn

Ich habe mich gar nicht so tief damit beschäftigt. Es ist nur, wie wir in den letzten 20 Jahren gesehen haben, immer schwieriger zu demokratischen Entscheidungsfindungen zu kommen. Wir haben früher innerhalb von zehn Jahren riesige Regionen mit Energie versorgt, quasi von null weg bis ins letzte Haus Strom-, Gas- und Telefonleitungen verlegt. Manchmal in fünf Jahren, manchmal in 25 Jahren – aber im Vergleich dazu sind wir jetzt wirklich langsam. Eine Oberleitung wäre eigentlich sehr wenig Aufwand für schon bestehende Autobahnen, da der Verkehrsweg an sich schon genehmigt ist – aber das traue ich unseren demokratischen Gesellschaften im Moment nicht zu. Es ist jedoch erfreulich, dass die Schweden damit begonnen haben und jetzt die Deutschen den Ball aufnehmen und das erforschen. Wenn Deutschland das macht, dann werden andere Länder natürlich mitziehen müssen. Der Aufwand ist überschaubar, glaube ich. Und die Lkw können dann, wenn sie die Autobahn verlassen, mit ihren Akkus 100 bis 300 Kilometer weit fahren – das ist völlig ausreichend und leicht realisierbar. Es reicht aber auch aus, die Raststationen/ Rastplätze mit entsprechender Ladeinfrastruktur auszustatten, wo die Fahrer während ihrer gesetzlichen Ruhezeiten ihr Fahrzeug wieder aufladen. Das ist vermutlich auch einfacher umsetzbar und skalierbar. Bei der ganzen Thematik dürfen wir auch die Automatisierung und Digitalisierung nicht aus den Augen verlieren, die wird Hand in Hand kommen mit der Elektrifizierung. Es braucht ein Lade-System, das ohne Zutun des Menschen einsetzbar ist.

Welche Rolle könnte die Bahn in Zukunft spielen, wenn auch die Infrastruktur im automobilen Bereich so ausgebaut wird, dass die E-Mobilität auch auf der Straße für die Langstrecke funktioniert?

Beim Thema „Bahn gegen Straße“ ist, ebenso wie bei der Debatte „Erneuerbare gegen Atomstrom und Kohle“ in Deutschland, inhaltlich wenig von dem verfügbaren Wissen eingeflossen. Es ist sehr platt und polar geblieben und ich sehe das gar nicht so polar. So wie beim Lang-Lkw nur die paar Volumengüter wie temperierte FMCG betroffen sind, die ohnehin nicht prädestiniert sind für die Schiene, glaube ich, dass für die Bahn auch die EMobilität auf der Straße wenig Unterschied macht. Die Eisenbahnstrecken, die am meisten gebraucht werden, sind schon lange ausgelastet. Von Wien und von den südlichen Häfen ins Ruhrgebiet und nach Benelux – diese Korridore sind voll und um hier weitere Kapazitäten zu schaffen, brauchen wir viel Zeit, leider. Die Straße hat hingegen die Flexibilität des Lkw und die Schnelligkeit, die die Bahn nicht wettmachen kann. Deswegen hat jeder sein Stammgeschäft. Letztlich ist es immer eine Frage des Preises, der Zeit und der Distanz. Es muss einfach günstiger sein 100 Container mit der Bahn zu transportieren, als dass 100 Lkw einzeln unterwegs sind – da macht es keinen Unterschied, ob diese elektrisch oder mit Diesel fahren. Wenn der Lkw nun elektrisch wird, könnte allerdings ein weiterer Nachteil der Straße wegfallen, nämlich der vielleicht sogar größte noch vor dem Lärm: die Umweltverschmutzung, der Ressourcenverbrauch von nicht erneuerbaren, aus dem Ausland bezogenen, teuren Rohstoffen. Das könnte für den Lkw leichte Vorteile bringen. Aber ich glaube, die Bahn kann selber viel mehr holen, wenn sie noch leistungs- und wettbewerbsfähiger wird. Und obwohl wir früher auch gedacht haben, dass man bei der Eisenbahn alles viel besser machen könnte, ist die ÖBB Rail Cargo im Vergleich zu anderen Bahnen fast ein Leuchtturm, sehr dynamisch – deutlich dynamischer und erfolgreicher als die Deutsche Bahn und diese wieder deutlich erfolgreicher als viele andere Bahnen in Europa. Wenn diese in ihre Organisationen mehr Wettbewerb hineinbekommen und gleichzeitig mehr Kooperation schaffen und sich nicht immer noch abschotten würden an den Grenzen, dann könnten die Bahnen für sich so viele Wettbewerbsvorteile generieren, dass sie den Vorteil, den der Lkw jetzt durch den Elektroantrieb bekommt, locker wieder wettmachen. Ich glaube, da sind große Reserven drin, aber bei den Bahnen ist das Grenzdenken immer noch sehr stark in den Köpfen verankert.

Das Lohndumping-Thema brennt vielen unter den Nägeln – da sind sich sogar die Sozialpartner einmal einig, dass das ein Problem ist. Einerseits bringt natürlich der gemeinsame europäische Markt viele Vorteile und Absatzsteigerungen – vor allem das Transportaufkommen hat zugenommen und nimmt permanent weiter zu. Andererseits gibt es natürlich das Problem der unterschiedlichen Lohnniveaus und insbesondere im grenzüberschreitenden Fernverkehr ist es völlig egal, wo ein Frächter seinen Sitz hat in Europa, solange er nur irgendwo an der Route liegt. Wie erlebt Schachinger das?

Natürlich sehr herausfordernd. Jetzt bekommen wir glücklicherweise immer mehr Mindestlohn und dadurch sollte es gerechter werden. Aber da ist auch die Befürchtung, dass vor allem rumänische Frächter sich auf Umwegen dann irgendwie Bestätigungen besorgen, dass ihre Fahrer Mindestlohn bezahlt bekommen hätten. Ich kann zu dem Thema aber leider nicht viel sagen, dafür bin ich zu wenig im Transportgeschäft drinnen – da sind wir mit 60 Lkw nicht groß genug.

Aber ich höre heraus, dass grundsätzlich der Mindestlohn ein Ansatz wäre, um dieses Problem in den Griff zu bekommen?

Ja, und die Gesetze die es gibt, auch wirklich zu kontrollieren! Wobei ich gleichzeitig sagen muss: Der Regel- und Gesetzesdruck ist jetzt schon enorm. Aber es braucht einen Staat und unabhängigen Regulator, damit er faire Wettbewerbsrahmenbedingungen aufrecht hält, in denen man geordnet und legal arbeiten kann. Und je mehr es gibt, die in die Grauzone hineingehen und nicht kontrolliert werden, desto problematischer wird es. In Europa war man zum Beispiel bei Kontrollen der Abgase bei Pkw und Lkw extrem schwach. Das ist eigentlich unglaublich für mich, dass die Amerikaner, von denen man sich aus gewissen Gründen nicht viel erwarten müsste, in diesem Punkt weit klarer sind als wir und auf etwas draufkommen müssen, was bei uns schon seit vielen Jahren eigentlich illegal herumfährt (Anm. gemeint ist der durch die VW-Affäre ins Rollen gekommene Diesel-Abgasskandal).

Herr Schachinger, vielen Dank für das Gespräch.