Der neue Scania Interlink : Interview mit Frank Koschatzky und Manfred Streit von Scania
Herr Koschatzky, der neue Scania Interlink wurde bei der IAA zum ersten Mal auf einer Messe präsentiert. Was ist denn das Besondere an diesem Fahrzeug?
Koschatzky: Der Interlink ist Nachfolger des OmniExpress. Das Besondere im Vergleich zum Vorgänger: Wir haben bei diesem Fahrzeug den Kofferraum erhöht, indem wir den Fußboden angehoben haben. Das bedeutet, dass die Podeste zum Mittelgang hin niedriger geworden sind und somit ein besseres Einsteigen auf den Fahrgastsitz möglich wird. Gleichzeitig verbessert sich dadurch die Durchgangsbreite des Mittelganges in Hüfthöhe und führt somit zu einem angenehmeren Raumgefühl. Zudem haben wir die Fensterbrüstung weiter nach unten gezogen, das heißt, es wurden deutlich höhere Scheiben verbaut. Auch das Heck und die Front wurden neu gestaltet. Speziell die Front führt zu einer deutlich verbesserten Aerodynamik, wodurch wir den Kraftstoffverbrauch und die Windgeräusche im Fahrbetrieb noch einmal verringern konnten. Das sind die wesentlichen Punkte, die den ersten Schritt betreffen. Im nächsten Schritt werden wir den Fahrerarbeitsplatz überarbeiten und es wird auch einen neuen für den Reiseleiter geben.
Was ist das Spezielle am Scania Interlink-Konzept? Welche Kunden wollen Sie damit erreichen?
Das Besondere bei diesem Auto ist, dass wir derart flexibel sind, dass wir den Kunden fragen können, was genau er in seinem Fahrzeug möchte. Die Anzahl der Sitze, eine spezielle Küche, spezielle Sitze, eventuell mit Clubtischen, ohne dabei auf Sitzplätze verzichten zu müssen – alles das ist möglich und danach gestaltet sich dann die Länge des Fahrzeugs. Das heißt, wir geben dem Kunden keine Fahrzeuglänge vor, wie alle anderen Hersteller, sondern wir können die Länge des Fahrzeugs gemäß dem Anforderungsprofil des Kunden individuell festlegen.
Und auch die Achszahl variiert?
Ja, beim Zweiachser gehen wir bis 13 Meter. Ab 13 Meter Länge ist zwingend die dritte Achse erforderlich.
Und wie wird diese Modularität technisch realisiert?
Der vordere Überhang von der Front bis zur Vorderachse und der hintere Überhang, der über die Hinterachse hinaussteht, sind immer identisch. Wir variieren nur in der Mitte zwischen den Achsen und das funktioniert auch sehr gut. Wir fertigen das Fahrgestell und ziehen es auseinander, je nachdem, welche individuelle Länge sich für den Kunden errechnet. Das macht uns in diesem Bereich einzigartig, denn das kann kein anderer Hersteller anbieten.
Herr Streit, wie sieht es denn in Österreich aus mit Kundenanfragen bzw. welchen Kundentyp haben Sie mit dem Produkt im Visier?
Streit: Die Resonanz auf den Interlink war bisher sehr gut. Es ist sicher ein Fahrzeug für den Interstadtverkehr, also die klassischen Reisebusse, die Liniendienste fahren. In diesem Bereich ist das Fahrzeug eine interessante Lösung. Gerade für den Großstadtverkehr zwischen Wien-Graz oder Wien-Innsbruck, vielleicht auch ins Ausland – hier wollen wir mit dem Interlink Fuß fassen.
Also letztendlich hofft man, mit dem Interlink auch im Fernliniengeschäft mitzumischen?
Auf jeden Fall glauben wir, dass dort viel Potenzial für dieses Fahrzeug liegt.
Es gibt ja noch ein anderes Busmodell für den Fernlinienverkehr, das Scania unlängst vorgestellt hat, nämlich den Astromega Doppeldecker. Wie sieht es damit aus, im Vergleich zum Interlink?
Koschatzky: Doppeldecker ist natürlich ein anderes Konzept. Beim Interlink sind wir, auch wenn wir diesen in der größtmöglichen Länge von 15 Metern bauen, bei der Zahl der Sitzplätze trotzdem eingeschränkt. Beim Doppeldecker haben wir hingegen 78 Sitzplätze. Das heißt 20 im Unterdeck und 58 Sitzplätze im Oberdeck und trotzdem ist das Fahrzeug nicht länger als 14,20 Meter. Das hat auch viel mit der Vergütung zu tun: Für einen Doppeldecker bekommt der Betreiber mehr Geld pro Kilometer als für einen normalen Hochdecker. Aktuell liefern wir auch gerade sieben Astromega an Dr. Richard aus, die dann Fernlinie fahren. Wir hatten bereits vor eineinhalb Jahren ein Fahrzeug geliefert und die Erfahrungen, die der Unternehmer damit gemacht hat, waren so gut – vor allem hinsichtlich Kraftstoffverbrauch – dass nun weitere Busse gekauft wurden.
Der Astromega entstammt ja einer Kooperation mit Van Hool. War das eine einmalige Geschichte oder wird man diesen Weg der Kooperation weiter beschreiten?
Der Astromega war für uns das interessanteste Produkt, weil Scania dieses aus der eigenen Produktpalette heraus nicht anbietet. Von dem her war es die Idee, die Kooperation einmal auf den Astromega zu begrenzen bzw. damit zu starten. Allerdings haben wir das inzwischen erweitert. Auf der IAA haben wir auch einen Astronef präsentiert, das ist auch ein theaterbestuhltes Fahrzeug, das wir gemeinsam mit Van Hool produzieren. Wir haben auch schon mehrere Altanos geliefert, das sind Fahrzeuge mit einem klassischen Unterflurcockpit, wo die Passagiere oben sitzen und unten sitzen dann nur Fahrer und Beifahrer. Wir haben demnach schon eine Produktpalette an gemeinsam mit Van Hool realisierten Fahrzeugen, die wir ursprünglich nicht im Programm hatten und die unser Angebot nun ergänzen.
Welche Trends sehen Sie im Busgeschäft? Was ist gefragt bzw. was wird in den kommenden Jahren verstärkt gefragt werden?
Die Märkte wachsen stark. Auch die Gesamtzulassungen in Europa wachsen stark und zwar insbesondere im Stadtbus- und nicht so sehr im Reisebussegment. Bei letzterem sehen wir eher einen stabilen bis leicht rückläufigen Trend, der Stadtbusbereich nimmt hingegen exorbitant zu. Und wenn Sie sich auf der IAA umgesehen haben und feststellen, dass fast jeder Hersteller bald Elektrobusse vorstellt – dann wissen Sie: Der Trend in den Städten geht zum Elektrobus.
Sehen Sie in den Entwicklungs- und Schwellenländern nicht auch einen Trend zu BRT-Systemen als kostengünstige Alternative zu sehr aufwendigen Infrastrukturinvestitionen für schienengebundene Verkehrsmittel wie Metro und Straßenbahnen? Hier gab es doch auch ein großes Scania-Projekt in Bogota in Kolumbien.
In Ländern, wo Schienenverkehrsmittel nur schwach ausgebaut sind, ist das sicher ein Thema. Die Investitionskosten für BRT-Systeme belaufen sich gegenüber einer Straßenbahn wirklich nur auf einen Bruchteil. Es gibt ja genügend Städte innerhalb Europas, die BRT-Systeme einsetzen, wie Nancy in Frankreich zum Beispiel. In letzter Konsequenz müssen die Städte und Kommunen aber bereit sein, dafür eine eigene Fahrspur zur Verfügung zu stellen – nur dann macht das auch Sinn.
Herr Koschatzky, Herr Streit – vielen Dank für das Gespräch.