Brenner-Route : Aufregung über Rechtsgutachten zu sektoralem Fahrverbot

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Ein Rechtsgutachten zum sektoralen Fahrverbot in Tirol, das am Dienstag von der Bozner Handelskammer vorgestellt worden war, hat noch am Donnerstag sowohl Vertreter Tirols als auch Bayerns aufgeregt. Während Fritz Gurgiser, Obmann des Transitforum Tirol-Austria den Handelskammer-Präsidenten Michl Ebner aufforderte, sich für bessere Luftqualität am Brenner zu engagieren, will Bayerns Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU) ein EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Tirol.

Rechtsgutachten sieht "Diskriminierung"

Laut dem Gutachten, das von Peter Hilpold von der Universität Innsbruck erstellt worden war, sei das sektorale Fahrverbot "unverhältnismäßig und in der Folge EU-rechtswidrig". So wurde festgehalten, dass das Fahrverbot "diskriminierend" und Missbrauch durch Tiroler Firmen aufgrund der Quell- und Zielverkehrsregelung nicht unterbunden werde. Außerdem stelle sich die Frage, ob angesichts besser werdender Luftwertdaten die Beschränkungen noch zulässig seien.

Abgasbelastung weit über dem Grenzwert

Für Gurgiser stand dagegen laut einem Brief an Ebner, der der APA vorlag, fest, dass "die Stickstoffdioxidgrenzwerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit nach wie vor überschritten (beidseitig des Brenners)" werde und er sprach von Abgasbelastungen von über 80 Prozent über dem Grenzwert. Die technischen Verbesserungen der Fahrzeuge würden durch Verkehrszunahmen zum Teil "aufgefressen" argumentierte er. Auch die Lärmbelastung, die mit dem Transit einhergehe, führte er ins Treffen.

Gurgiser wollte daher von Ebner "volles Engagement" etwa bei einer "angemessenen Anlastung der Maut für Lkw" auf der A22 vom Brenner bis Salurn bzw. Verona sehen, da der derzeitige Tarif nicht dem Verursacherprinzip entspreche. Außerdem sollte er sich neben Zweckbindungen der eingenommenen Mauten für den Ausbau von Lärmschutz für "Lkw-Fahrverbote für Euro 0, 1, 2, 3 und 4 auch im eigenen Bereich" an der A22 einsetzen.

Weiters erwarte er sich den Einsatz Ebeners "auf europäischer Ebene zur Herstellung fairer Wettbewerbsbedingungen auf hohem Niveau bei Löhnen, Steuern, Abgaben". Zudem solle die Nutzung von vorhandenen Eisenbahnkapazitäten forciert werden, forderte Gurgiser.

Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich

Das Bozner Gutachten wurde am Donnerstag auch in Deutschland der bayerischen Verkehrsministerin und dem EU-Abgeordneten Markus Ferber präsentiert. Schreyer forderte daraufhin die EU-Kommission auf, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich einzuleiten, berichtete die deutsche Nachrichtenagentur dpa. Auch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) meinte: "Ich erwarte nun, dass die Kommission das Gutachten ernst nimmt und tätig wird". Ferber meinte außerdem, dass das Tiroler Vorgehen "diskriminierend und dabei schon lange nicht mehr mit umweltpolitischen Argumenten zu begründen" sei.

Nachdem am Dienstag das Gutachten in Bozen vorgelegt wurde, wehrten sich Tirols ÖVP und Grüne dagegen. Ihrer Ansicht nach seien die Fahrverbote, die am 1. Jänner verschärft wurden, sehr wohl rechtmäßig. Laut LHStv. und Verkehrslandesrätin Ingrid Felipe (Grüne) würde sich das "sektorale Fahrverbot für bestimmte bahnaffine Güter wie Schrott, Papier oder Holz penibel genau nach dem EuGH-Urteil von 2011" richten. Die Parteien, die gemeinsam in der Landesregierung sitzen, argumentierten außerdem die Fahrverbote mit den rechtlichen Vorgaben für die Luftqualität. (red./apa)