E-Mobilität : 27 Tonnen – Elektrisch!

Drei Mitarbeiter der städtischen Müllabfuhr vor dem neuen E-Lkw in Hamburg
© Ludwig Fliesser

Gemeinsam mit der Stadt Hamburg präsentierte Volvo Trucks am Dienstag, den 8. Mai, einen Volvo FE Electric. Dieser wird ab dem kommenden Jahr als Müllsammelfahrzeug in der Hansestadt zum Einsatz kommen. Der Lkw hat ein zulässiges Gesamtgewicht von 27 t, das Leergewicht inklusive Aufbau beträgt rund 16 t. Damit stehen 11 Tonnen Nutzlast zur Verfügung. Die Reichweite genügt, um eine gesamte Tagestour abzufahren, wobei auch der elektrische Aufbau über die Fahrbatterien mit Energie versorgt wird.

Um das elektrische Müllsammelfahrzeug zu konfigurieren, hat Volvo Trucks umfassende Forschungen angestellt. So wurden Messsensoren an dem Dieselfahrzeuge der Stadtreinigung Hamburg angebracht, welches nun durch das E-Fahrzeug ersetzt werden soll. Anhand dieser Messungen konnten die Ingenieure von Volvo die Route exakt analysieren und daraus Rückschlüsse über den Energieverbrauch und die nötige Reichweite schließen. Für die etwa 70 Kilometer lange Tour wurde das Fahrzeug mit vier Batteriepaketen zu je 50 kW ausgestattet. Das genügt um über die komplette Schicht zu kommen und auch den elektrischen „Roto-Press“ Aufbau der Firma Faun zu betreiben. Theoretisch ließe sich das Fahrzeug auch mit sechs Akkupaketen bestücken, was die Reichweite entsprechend erhöht. Allerdings wiegt jeder dieser Akkus 520 kg, folglich stünde weniger Nutzlast zur Verfügung. Eine Überdimensionierung der Batteriekapazität macht also keinen Sinn.

Warum ein Müllsammelfahrzeug?

Kommunale Entsorgungsfahrzeuge haben ein Einsatzprofil, welches optimal mit der Elektromobilität kompatibel ist. Zugleich ermöglicht hier der elektrische Betrieb auch die größten Gesamtenergie- und Emissionseinsparungen. Denn in der Regel ist die Tour eines städtischen Müllsammlers nicht länger als 80 Kilometer, die Reichweite spielt also nur eine untergeordnete Rolle. Die Zahl der Stopps ist hingegen äußerst groß, schließlich hält der Wagen buchstäblich an jeder Ecke. Der Betrieb ist also durch häufiges Anfahren und Bremsen sowie Leerlaufzeiten am Stand geprägt. Hier kann der Elektro-Antrieb seine Stärken voll ausspielen: Das Anfahrverhalten eines E-Motors ist überragend, das volle Drehmoment steht quasi aus dem Stand zur Verfügung. Beim Abbremsen wird die Energie über Rekuperation rückgewonnen: das spart nicht nur Energie sondern schont auch die Bremsen. Im Stehen benötigt das Fahrzeug überhaupt keine Energie, außer um den Müllsammler zu betreiben. Der Aufbau der Firma Faun arbeitet dabei sehr energiesparend: Die Rotationspresse verdichtet den Müll nicht nach jedem Stopp sondern startet die Kompression erst, wenn der Sammelbehälter ganz gefüllt ist.

Mit dem FE Electric inklusive Aufbau stellte Volvo Trucks also ein Gesamtpaket vor, das in seiner Konfiguration optimal auf den städtischen Abfallentsorgungsbetrieb abgestimmt ist. Das luftgefederte Vehikel ist mit einem Low-Entry-Fahrerhaus mit seitlichem Sichtfenster ausgestattet und kann zum leichteren Ein- und Aussteigen vorne abgesenkt werden. Abgesehen davon, dass der Lkw leise und lokal emissionsfrei arbeitet, soll auch der Gesamtenergieverbrauch um etwa 40 Prozent geringer ausfallen, als bei einem Dieselfahrzeug. Das Mehrgewicht gegenüber einem Solchen beträgt etwa 1,5 Tonnen: Die vier Akkupakete bringen in Summe etwa zwei Tonnen auf die Waage, der Elektromotor ist hingegen um eine halbe Tonne leichter, als ein Dieselaggregat.

Luftverschmutzung als Triebfeder

Immer mehr Menschen leben in Ballungsräumen und der Verkehr nimmt ständig zu. Viele Städte haben mit der Luftverschmutzung zu kämpfen, auch Hamburg war wegen Grenzwertüberschreitungen bei Abgasen und Feinstaub bereits des Öfteren in den Schlagzeilen. Auch wenn der Feinstaub in der Hansestadt zu einem Großteil vom Schiffsverkehr herrühren mag, hat die Stadtregierung auch den Straßenverkehr im Visier. Ein Lkw der leise ist, keine Abgase in die Luft bläst und obendrein von der Stadtverwaltung selbst betrieben wird, begeistert die verantwortlichen Politiker naturgemäß: „Der Senat misst der Verbesserung der Luftqualität und dem Schutz der Hamburger Bürger vor schädlichen Emissionen große Bedeutung bei. Mehr öffentlicher Nahverkehr, Förderung der Elektromobilität, Ausbau der Infrastruktur für den Radverkehr, eine Flotte von ausschließlich emissionsfreien öffentlichen Bussen, mehr Carsharing - alle diese Aspekte sind verkehrspolitische Antworten, zu denen das Volvo-Projekt nun erfreulicherweise beiträgt”, so Wolfgang Michael Pollmann, Staatsrat für Umwelt und Energie der Freien und Hansestadt Hamburg. Auch Prof. Dr.-Ing. Rüdiger Siechau, Geschäftsführer der Stadtreinigung Hamburg, sieht beim Einsatz der Elektro-Lkw im urbanen Raum große Umweltvorteile. „Gegenwärtig emittiert jedes unserer 300 herkömmlichen Abfallentsorgungsfahrzeuge rund 31.300 Kilogramm Kohlendioxid pro Jahr. Ein elektrisch angetriebenes Abfallentsorgungsfahrzeug mit Batterie, das eine komplette 8- oder 10-Stunden-Schicht durchhält, ist ein technologischer Durchbruch. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass die Stadtreinigung Hamburg klimaneutralen Strom erzeugt, der zum Laden der Batterien verwendet werden kann.“ Die Stadt will den neuen Volvo FE Anfang 2019 in Dienst stellen und zunächst ein Jahr lang testen. Volvo Trucks betont jedoch, dass es sich bei dem FE Electric nicht um einen Prototypen, sondern bereits um ein Serienfahrzeug handelt. Der Verkaufsstart in Europa ist für 2019 geplant.

Technische Daten: Volvo FE Electric Müllsammelfahrzeug

16 t Leergewicht (inkl. Aufbau)
11 t Nutzlast
3,9 m Radstand
E-Motor mit 370/260 kW (Spitzen-/Dauerleistung)
Luftgefedertes Fahrwerk
Low-Entry-Fahrerhaus mit seitlichem Sichtfenster
Faun Roto-Press Müllsammelaufbau